Objekte aus 60 Jahren Museumsgeschichte

10.07.2020

Zieheisen, Westfalen, 1. Hälfte 20. Jahrhundert bez. „FWB“, „18“ Metall; H. 2,3 cm, B. 29,3 cm, T. 6 cm, Foto: LWL-Freilichtmuseum Hagen, fotoservice-sagurna

Das Zieheisen

Zug um Zug

Das Foto zeigt die Einzugsseite eines Zieheisens, wie es in den westfälischen Drahtziehereien verwendet wurde. Ein Zieheisen ist eine Metallplatte mit Löchern unterschiedlichen Durchmessers, die kalt gelocht sind. Die Herstellung der Zieheisen erfolgte durch die Drahtzieher selbst oder durch Spezialisten, die sogenannten Holmacher. Zunächst riss der Holmacher die Löcher des Zieheisens an, körnte sie und wärmte dann den Rohling an. Das erhitzte Zieheisen lochte der Holmacher vor und schlug dann die Löcher durch. Zuletzt schliff der Holmacher die Grate, die beim Lochen entstanden waren, ab. Das Zieheisen ist mit den Buchstaben „FWB“ versehen, die möglicherweise auf den Hersteller, die im Jahr 1900 gegründete Firma Friedrich Wilhelm Bruder, Altena, hinweisen.[1]

Mithilfe des Zieheisens reduziert der Drahtzieher den dicken Rohdraht schrittweise auf die gewünschte Stärke. Beginnend mit dem größten Lochdurchmesser wurde der Draht in jedem weiteren Arbeitsgang durch das nächstkleinere Loch gezogen – so lange, bis er die vorgesehene Dicke erreicht hatte. Die trichterförmig angelegten Öffnungen erleichterten den Einzug des Drahtes.

Drahtziehereien verwendeten Zieheisen vom hohen Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert hinein, danach lösten „Ziehsteine“ aus Spezialmetall, die eine höhere Verschleißfestigkeit aufweisen, die Zieheisen ab. Als spezialisierte Tätigkeit gab es die Holmacherei nur im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Zur Gründungszeit des Museums war der Beruf schon weitgehend ausgestorben, Werkstatt und Geräte der Holmacherei im Gelände des Museums sind wertvolle Relikte der für Südwestfalen sehr bedeutenden Branche der Drahtzieherei.

Lutz Engelskirchen

 

[1] Freundlicher Hinweis von Stephan Sensen, Museen des Märkischen Kreises, Altena.