Objekte aus 60 Jahren Museumsgeschichte

21.08.2020 Falk Liedtke

Zigarrenwickelform, Fa. Reichling & Eberhard, Hanau, zwischen 1870 und 1915 bez. „Reichling & Eberhard Hanau a. M. No 1421“ Holz; H. 7,3 cm, B. 54,7 cm, T. 10 cm, Foto: LWL-Freilichtmuseum Hagen, fotoservice-sagurna

Zigarrenwickelform

Normierung auch in Ostwestfalen

Hölzerne Wickelformen erleichterten seit ihrer Erfindung im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts bei der Zigarrenherstellung den Wickelmachern die Arbeit. Mehrere mit Zigarrenrohlingen bestückte und geschlossene Wickelformen wurden in einer Tabakpresse etwa einen Tag lang zusammen gepresst. Durch die vorgefertigten Aushöhlungen erhielten die Rohlinge, bestehend aus der inneren Einlage der Zigarre und dass sie umschließende Umblatt, eine ebenmäßige Form und Größe. In einem letzten Arbeitsschritt wurden sie – wie vor der Erfindung der Wickelformen – von einem Roller in ein dekoratives Deckblatt eingerollt.

Die neue Technik, bei der weniger handwerkliches Geschick und Erfahrung seitens der Wickelmacher erforderlich waren, setzte sich in der Produktion schnell durch. Sie ermöglichte eine Zeitersparnis und damit höhere Produktionszahlen. Vor allem Kinder und kurzfristig angelernte Arbeiterinnen übernahmen diesen Part der Herstellung. Dies schlug sich auch auf die Löhne nieder.

Diese in Hanau am Main – hier wurde die Zigarrenwickelform erfunden – hergestellte Form wurde in der westfälischen „Tabak- und Cigarettenfabrik Carl Koch“ in Schwerte-Westhofen verwendet. Die Tabakverarbeitung war vor allem nach dem Niedergang der Textilindustrie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein besonders in Ostwestfalen angesiedeltes Gewerbe. Die Geschichte der westfälischen Tabakverarbeitung mit einem Schwerpunkt auf der Frauenarbeit wird in der Tabakfabrik des LWL-Freilichtmuseums Hagen thematisiert.

Julia Wilksen