Objekte aus 60 Jahren Museumsgeschichte

13.11.2020 Falk Liedtke

Guillochiermaschine, R. A. Lienhard, La Chaux-de-Fonds (Schweiz), dat. 1906, Herstellernummer „No 380“ Eisen, Messing, Holz, Leder; H. 126,5 cm, B. 132 cm, T. 92 cm, Foto: LWL-Freilichtmuseum Hagen, fotoservice-sagurna

Ornamente mit Präzision

Guillochiermaschine

Die Guillochiermaschine ist auf einem hölzernen Arbeitstisch befestigt. Sie besitzt eine Handkurbel, die über Transmission und Schwungscheibe die Maschine antreibt. Die Maschine übersetzt die Drehbewegung der Handkurbel mit einer sehr aufwändigen Mechanik in verschiedene radiale und achsiale Bewegungen. Diese sind von der genau berechneten Form der großen Messingscheiben abhängig, die in der Mitte der Maschine zu sehen sind, weiterhin können die Bewegungen der Maschine über Stellvorrichtungen beeinflusst werden. Sie diente dazu, verschlungene geometrische Figuren (Guillochen) auf Gegenstände aus Metall aufzubringen. Die Konstrukteure der Firma Lienhard leiteten ihre Konstruktion aus dem Funktionsprinzip der Drechselbänke ab.

Die Maschine stammt aus einem Schweizer Uhrmacherbetrieb. Mit ihrer Hilfe trugen die Uhrmacher komplexe Zierornamente auf Taschenuhrgehäuse auf. Je nach verwendeten Steuerscheiben bzw. Einstellungen erzeugten sie damit mit hoher Präzision verschlungene wellen-, kreis- und linienförmige Ornamente. Die Maschine mechanisierte einen sehr zeitaufwändigen Handarbeitsschritt. Sie vervielfachte die Leistung eines Betriebes, ersetzte aber eine hoch qualifizierte, einen großen Erfahrungsschatz erfordernde Tätigkeit.

Die Guillochiermaschine kam 1969 in das Freilichtmuseum. Hier sollte sie den präzisionsmechanischen Endpunkt in der Entwicklung der Drechselmaschinentechnik veranschaulichen. Ihre Aufnahme in die Sammlung rechtfertigte sich aus ihrer technischen Bedeutung, sie hat keinen Bezug zu Westfalen. Die Maschine und ihr Einsatzgebiet, die Uhrmacherei, sind Beispiele dafür, dass manche Handwerke ein erhebliches technisches Verständnis und Präzisionsarbeit im Hundertstelmillimeterbereich erfordern.

Lutz Engelskirchen