Objekte aus 60 Jahren Museumsgeschichte

22.01.2021 Falk Liedtke

Gießerkelle, Eigenbau, genutzt im Zinkwalzwerk Hoesch, vor 1937 Metall; H. 97 cm, B. 24 cm, T. 55 cm, Foto: LWL-Freilichtmuseum Hagen, fotoservice-sagurna

Nur für starke Männer

Gießerkelle

Die zylinderförmige Kelle hat einen flachen Boden und einen schmiedeeisernen Stiel. Der Griff ist aus einem Rundstab gearbeitet und nach unten hin rechteckig geschmiedet, um eine bessere Auflage auf der Kellenfläche zu schaffen. Am oberen Ende des Stiels ist ein ovaler Griff ausgeschmiedet, damit der Gießer die Kelle beidhändig führen konnte.

Mit der Kelle entnahm der Karussellgießer das flüssige Zink aus einem Schmelzofen, vollzog dann eine halbe Körperdrehung und füllte es dann in einen Gießkasten, der auf einem runden Gießkarussell befestigt war, dass sich langsam an ihm vorbeidrehte. Das Zink erstarrte zu einer dünnen Platte, die mit dem Walzgerüst weiterverarbeitet wurde. Die Größe der Gießkästen war genau auf die Füllmenge der Kelle abgestimmt. Die Arbeit des Karussellgießers war die schwerste im ganzen Zinkwalzwerk, darüber hinaus forderte sie jahrelange Erfahrung im Umgang mit dem Zink, seiner Temperatur und seinen Gießeigenschaften. Die Kelle wiegt leer 9,6 Kilogramm, ihre Füllung kann weitere 15 Kilo wiegen.

Die Kelle stammt aus dem Zinkwalzwerk Hoesch in Düren-Schneidhausen. Teile von dessen Ausstattung gelangten in das Freilichtmuseum, wo sie heute in der Rekonstruktion der Walzhalle nach Originalplänen gezeigt werden. Der Arbeitsplatz des Karussellgießers ist ein Beispiel für den hohen Anteil an Handarbeit, der sich auch in der Industriewirtschaft bis ins 20. Jahrhundert hielt. Das in jahrelanger Arbeit erworbene Erfahrungswissen eines Zinkgießers war noch nicht durch Maschinen zu ersetzen. Erst 1945 mechanisierte das Zinkwalzwerk Hoesch diesen Arbeitsplatz.

Lutz Engelskirchen